Vorteile der additiven Fertigung ohne Stützstrukturen
10 Oktober, 2022 | Lesezeit: 4 min
Der unterstützungsfreie 3D-Metalldruck ist ein attraktives Angebot. Aber was bedeutet er wirklich und warum ist er so attraktiv? Erfahren Sie, was unterstützungsfreier Druck ist, ob er tatsächlich möglich ist und welche Vorteile er bringen kann.
Was ist stützenfreier 3D-Druck?
In der additiven Fertigung lassen sich Bauteile realisieren, die komplett ohne Stützstrukturen auskommen. Üblicherweise dienen Stützstrukturen während des Druckvorgangs dazu, das entstehende Bauteil zu verstärken und ihm Halt zu geben.
Stützstrukturen werden je nach Größe und Form der Bauteile strategisch im Bauraum verteilt, um eine Verformung des Bauteils bei thermischer Belastung zu vermeiden und die Wärmeübertragung weg vom geschmolzenen Werkstoff zu fördern. Außerdem können sie verhindern, dass der Nachbeschichter das Bauteil beschädigt. Sie sorgen während des Bauprozesses zudem für zusätzliche Steifigkeit, indem sie eine stabilisierende Verbindung zwischen dem fragilen Bauteil und der Plattform schaffen.
Damit beim Bauen die gewünschte Form entsteht, wird ein Teil des verwendeten Werkstoffs zum Bau von Hilfsstrukturen genutzt, die hervorstehende Elemente des entstehenden Bauteils abstützen. Beim stützfreien 3D-Druck verzichtet man auf diese Hilfsstrukturen. Stattdessen wird das Bauteil freistehend konstruiert und kann direkt nach dem Bauabschluss ohne Nachbearbeitung verwendet werden.
Support-free 3D Printing bietet viele Vorteile, weshalb die Branche danach strebt, entsprechende Verfahren umzusetzen. Man kann damit nicht nur Werkstoff für den Bauprozess einsparen, sondern auch die Nachbearbeitung vereinfachen. Die zu Grunde liegende Frage lautet allerdings: Inwieweit ist es physikalisch möglich, für die additive Fertigung komplett auf Stützstrukturen zu verzichten?
Stärken und Schwächen des stützenfreien 3D-Drucks
Stützen fungieren im Wesentlichen als kleine erhöhte Plattformen unter dem entstehenden Bauteil und geben diesem während des Bauprozesses mehr Halt. Manchmal sind die Stützen sogar Voraussetzung dafür, dass das 3D-gedruckte Bauteil richtig funktioniert. Dies ist beispielsweise bei Teilen nötig, die überhängende Bereiche aufweisen oder komplett von einem Hohlraum durchzogen werden. In beiden Fällen könnte der Bauprozess ohne Stützen aufgrund mangelnder Stabilität gar nicht zu Ende geführt werden. Mithilfe von Stützstrukturen lassen sich auch Bauteile mit einer schmalen Basis oder mit Löchern herstellen. Generell gilt, dass Stützen überall dort nötig sind, wo das Bauteil Überhänge mit einem Winkel kleiner als 45 Grad besitzt. Das bedeutet, dass jedes Teil, das in spitzem Winkel hervorstehende Elemente umfasst, während des Bauprozesses auf Stützen ruhen sollte.
Mit Stützstrukturen lassen sich komplexere und ausgefeilte Designs umsetzen. Sie bergen jedoch auch einige Nachteile. Diese betreffen vorrangig die Werkstoffe, die Bauzeiten und die Nachbearbeitung.
Nachteil #1 – Bauzeit
Jede Stützstruktur muss gebaut werden. Sie entsteht – Schicht für Schicht – gemeinsam mit dem Bauteil. Dies führt zu längeren Bauzeiten, die sich negativ in der Effizienz und im Energieverbrauch niederschlagen und die Baukosten in mehrfacher Hinsicht beeinflussen.
Nachteil #2 – Werkstoffverbrauch
Da die Stützen auf dieselbe Art und Weise wie das Bauteil entstehen, wird Material für ihre Herstellung verschwendet. Die Stützen werden im Rahmen der Nachbearbeitung vom Endprodukt entfernt und als Ausschuss entsorgt, was den Zeit- und Kostenaufwand erhöht.
Nachteil #3 – Nachbearbeitung
Die meisten 3D-gedruckten Bauteile durchlaufen eine Phase der Nachbearbeitung, die sich aus mehreren Schritten zusammensetzen kann. Dies kann die Bearbeitung oder Behandlung der Oberfläche umfassen, mit der die Toleranz des Bauteils optimiert oder seine Oberflächenrauigkeit verringert werden soll. Auch eine Wärmebehandlung zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften und Verringerung der während des Bauprozesses aufgetretenen thermischen Belastungen ist denkbar. Häufig ist eine finale Reinigungsphase erforderlich, um überschüssiges Pulver zu entfernen.
Dabei gilt: Je mehr Stützen verwendet werden und je größer diese sind, desto länger und intensiver ist die Nachbearbeitung. Der zeitaufwändige Prozess ist nicht nur handwerklich anspruchsvoll, sondern verursacht auch zusätzliche Ausgaben. Die Kosten für die Spezialisten und die benötigten Tools steigern den Gesamtaufwand für die Fertigung des Produkts.
In einigen Fällen sind die Stützen nicht zugänglich und können nicht entfernt werden. Auch wenn sie die Funktionsweise des Bauteils nicht beeinträchtigen, steigern sie dessen Gewicht und haben so möglicherweise Auswirkungen auf seine Gesamtleistung. Im Bereich der Präzisionstechnik könnte der Verzicht auf diese Stützen beim Druck große Vorteile für die künftige Verwendung des Bauteils mit sich bringen.
Nutzen des stützenfreien 3D-Drucks
Durch die Umstellung auf den stützfreien 3D-Druck lässt sich der Bauprrozess nicht nur wirtschaftlicher und ökologischer gestalten, sondern auch verkürzen. Da keine Stützen gebaut werden müssen, wird weniger Werkstoff im Pulverbett geschmolzen, was gleich mehrere Vorteile für die additive Fertigung hat.
#1 Steigerung der Fertigungsgeschwindigkeit:
Verkürzung der Bauzeit
Wenn die Laser im 3D-Drucker nicht fortlaufend Schichten für die Stützen schmelzen müssen, verkürzt sich der Bauvorgang. Für eine einzelne Schicht ist diese Zeitersparnis kaum der Rede wert, doch sie summiert sich das über den kompletten Druck zu einer signifikanten Verkürzung der Bauzeit. In einem größeren Maßstab betrachtet, ermöglicht dies Unternehmen, die Produktionszeiten noch stärker zu verringern.
#2 Steigerung der Fertigungsgeschwindigkeit:
Einsparung von Nachbearbeitungsressourcen
Da von vornherein keine Stützen vorhanden sind, kann auf deren Entfernung in der Nachbearbeitung verzichtet werden, was sich sehr positiv auf die Durchlaufzeiten auswirkt. Einen großen Anteil der Nachbearbeitung macht üblicherweise der Entfernung der Stützstrukturen aus. Da diese am Endprodukt befestigt sind, müssen sie entfernt und die Oberfläche behandelt werden, damit sie perfekt mit der restlichen Oberfläche des Bauteils übereinstimmt. Hierfür bedarf es verschiedener Spezialisten und Tools, die Unternehmen Geld und Zeit kosten. In Extremfällen kann ein einminütiger Bearbeitungsschritt während des Bauvorgangs die Durchlaufzeit um einen ganzen Tag verlängern. Mit dem stützfreien 3D-Druck könnte man auf solch intensive Nachbearbeitungsschritte verzichten und die Bauteilherstellung nicht nur beschleunigen, sondern auch günstiger gestalten. Wenn keine befestigten Stützen entfernt werden, weist das gedruckte Produkt nach Bauabschluss auch sofort eine homogenere Oberfläche auf.
#3 Steigerung der Fertigungsgeschwindigkeit:
Einsparung von Material und Verringerung der Umweltauswirkungen
Vor dem Hintergrund der nachhaltigen Fertigung ist zu betonen, dass der Verzicht auf Hilfsstrukturen – bzw. die Verringerung ihrer Größe oder Anzahl – zu weniger Werkstoffverbrauch führt. Dadurch müssen weniger Material und Energie aufgewendet werden. Das führt zu Kosteneinsparungen und verringert die Umweltauswirkungen. Dies verkürzt zudem die für den eigentlichen Druckvorgang und die Nachbearbeitung benötigte Fertigungszeit, so dass effizienter und reibungsloser gearbeiet werden kann.
Was ist beim stützenfreien 3D-Druck möglich?
Wir müssen zugeben, dass derzeit noch nicht für jede Anwendung oder Geometrie auf komplett stützfreien Druck umgestellt werden kann. Aber es gibt viele neue Entwicklungen. So hat unsere Beratungseinheit Additive Minds unlängst einige erstaunliche Fortschritte auf dem Weg zum 3D-Druck ohne Hilfsstrukturen verzeichnen können.
Die erste Neuerung betrifft den Winkel, ab dem Stützen erforderlich sind. Nachdem man zunächst gedacht hatte, dass Stützen für alle Überhänge mit einem flacheren Winkel als 45 Grad benötigt werden, konnte das Team von Additive Minds diese Grenze deutlich revidieren. So konnte bei einem Projekt für ein Laufrad gezeigt werden, dass Stützen nur für Überhänge mit einem spitzen Winkel unter zehn Grad nötig waren.
Dank solcher Innovationen wird der der kritische 45-Grad-Winkel nun in Frage gestellt. Inzwischen gibt es Software- und Parameterpakete, die es Anwendern ermöglichen, Überhänge und Brücken in viel niedrigeren Winkeln zu drucken, ohne die Effektivität des 3D-Druckverfahrens und die Qualität der hergestellten Metallteile zu beeinträchtigen.
Bei unserer Fallstudie zu ummantelten Laufrädern haben wir eine stützenfreie Konstruktion erreicht, obwohl die Grenzen des Überhangwinkels bis auf beeindruckende 10 Grad verschoben wurden.
In diesem Projekt ging es darum, vollständig auf interne Stützen zu verzichten, was die Nachbearbeitung erheblich vereinfacht hat. Es kann eine echte Herausforderung sein, ungünstig platzierte Stützen innerhalb eines Bauteils zu entfernen, selbst wenn sie gar nicht allzu groß sind. Letztendlich konnten die Kosten für die Herstellung der Laufräder um 35 Prozent gesenkt werden.
Das Prozessentwicklungsteam hat die Ergebnisse von Forschungsprojekten wie diesen zusammengetragen und auf die Standardverfahren übertragen, die für die „Plug and Play“-3D-Druck-Software erhältlich sind. Dies bedeutet, dass man nun ohne fachmännische Beratung den Winkel standardmäßig auf 20 Grad beschränken kann.
What’s possible in support-free 3D printing?
The reality is that 100-percent support-free AM currently isn’t possible for every application or geometry. That isn’t to say that it may not be in the future, though — at EOS Additive Minds we’ve recently made some incredible leaps in getting closer to that end goal of support-free printing. Probably the most sustained limitation of metal AM is that you cannot print below a certain overhang angle without supports. Without supports, the overhang is at risk of warping due to the residual stresses caused by exposure to the focused energy of the lasers during the print. This often restricts users of metal AM systems in their choice of applications.
Wie EOS Sie beim stützenfreien 3D-Druck unterstützt
Unsere Software EOSPRINT 2 bietet Ihnen eine der vielseitigsten Plattformen zur Verwaltung Ihrer 3D-Druck-Aufträge. Für Einsteiger bietet EOS eine Reihe an „Plug and Play“-Lösungen. Diese umfassen alles, was Sie zum Drucken Ihrer Produkte benötigen ohne selber Parameter einstellen oder justieren zu müssen. Die fortschrittliche Programmierung der Software nimmt Ihnen einen Großteil der Arbeit ab, damit Sie sofort loslegen können.
Für Anwender mit mehr Erfahrung im 3D-Druck eröffnet EOSPRINT die Chance auf mehr Experimente und individuelle Kalibrierung. Damit können Sie sich auch manuelle Konfigurationen vorzunehmen. Diese Funktion eignet sich für alle, die ihren AM-Betrieb optimieren und von Software höchster Qualität profitieren wollen.
Zur Weiterentwicklung Ihrer Kompetenzen im metallbasierten 3D-Druck bieten wir Ihnen einen E-Learning-Kurs, der Sie kompetent in die Software einführt. Dieses Online-Training gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die stützfreie additive Fertigung für Metalle. Mit dieser Expertise können Sie Ihre Kosten senken, Zeit sparen und Innovation über die gesamte Prozesskette vorantreiben.
Außerdem beraten Sie unsere Consultants von Additive Minds gerne bei Projekten, die mehr Verständnis erfordern als unsere Softwarepakete bieten können. Unser Team führt Sie durch jede Phase des Prozesses, damit Sie die effektivste Lösung entwickeln können.